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Vor 100 Jahren wurde das Ende des Privatbahn Zeitalters in der Schweiz eingeläutet

Vor 100 Jahren wurde das Ende des Privatbahn Zeitalters in der Schweiz eingeläutet. In einer heftig umstrittenen Abstimmung beschloss das Schweizer Volk 1898 die Verstaatlichung der wichtigsten Bahnen in der Schweiz.

Am 20. Februar 1898 wurde der sogenannte Rückkauf der Bahnen mit 2/3 Mehrheit deutlich angenommen. In 17 Kantonen fand sich eine zustimmende Mehrheit. Nur acht Kantone lehnten es damals ab. "Die Schweizer Bahnen dem Schweizer Volk!" lautete der Slogan, mit dem die Bundesbahnbeführworter die Stimmbürger überzeugen konnten. Die Entwicklung des Eisenbahnnetzes in der Schweiz war vorher ganz der privaten Initiativen überlassen. Konzessionsgeber waren zunächst die Kantone, bis 1872 der Bund dieses Recht an sich zog. Bau und Betrieb von Bahnlinien blieb aber immer noch Privaten überlassen.

Allerdings enthielt jede Konzession eine Klausel über den Rückkauf der Bahn durch den Staat. Darin wurde geregelt, nach wie vielen Jahren und zu welchen Bedingungen der Staat die Bahn übernehmen konnte.

Bundespräsident trat zurück

Die Befürworter des Staatsbahngedankens, die es seit den ersten Eisenbahnplänen in der Schweiz gab, konnte mit der Zeit ihren Einfluss immer mehr ausbreiten. Noch im Jahre 1891 wurde aber der Rückkauf der Schweizerischen Centralbahn SCB an der Urne mit einer Zweidrittelmehrheit klar verworfen - was den damaligen Eisenbahnminister und Bundespräsident Emil Welti zum Rücktritt veranlasste.

An seiner Stelle wurde der katholisch-konservative Nationalrat Joseph Zemp gewählt, der erste nicht freisinnige Bundesrat. Er wandelte sich vom Staatsbahngegner zum Befürworter und verhalf der Verstaatlichung entscheidend zum Durchbruch, indem er mindestens einen Teil seiner Parteifreunde und der katholischen Stammlande hinter sich zu scharen vermochte.

Am 15. Oktober 1897 beschloss das Parlament definitiv die Verstaatlichung der fünf grossen Privatbahnen. Es verabschiedet das Bundesgesetz betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Schweizerischen Bundesbahnen. Darauf griffen Föderalisten, Konservative und Finanzkreise erfolgreich das Referendum.

Heftiger Abstimmungskampf

Der Abstimmungskampf war von selten gesehener Intensität. Die Presse war voll von befürwortenden und ablehnenden Stellungnahmen, zahlreiche Flugblätter und Broschüren wurden gedruckt, in praktisch jedem Dorf fanden Veranstaltungen statt. Als Hauptexponenten profilierten sich auf der Beführworterseite Bundesrat Zemp und im gegnerischen Lager alt Bundesrat Numa Droz.

Die hohe Zustimmung zur Verstaatlichung der Bahnen am 20.Februar 1898 wurde von Politik und Presse mit Überraschung aufgenommen. Zu den Gründen für den Sinneswandel des Volkes gehörte unter anderem die starke Abhängigkeit der grossen Privatbahnen von ausländischen Banken und Spekulanten. Dies führte dazu, dass zwecks Erhöhung der Dividende notwendige Verbesserungen an Anlagen und Rollmaterial oder auch Verdichtungen des Fahrplans unterblieben.

Auch wurden damals Forderungen nach besserer Entlohnung des Personals regelmässig abgewiesen. Die Angestellten führten darum bei der Nordostbahn im März 1897 einen zweitägigen Streik durch, der angesichts das damaligen Transportmonopols der Bahn grosse Auswirkungen hatte.

Selbstherrliche Aktionäre

Auch traten gravierende Sicherheitsmängel zutage, die zu schweren Unfällen führten. Schliesslich sorgten selbstherrliche Beschlüsse von Aktionären und Verwaltungsräten für Empörung, etwas die ungerechtfertigte Entlassung von Direktoren bei grossen Bahngesellschaften.

Diese konnten, nachdem sie im Eisenbahndepartement oder im Falle von Eduard Marti in Kantonsregierungen neue Tätigkeitsfelder gefunden hatten, die Verstaatlichung ihrer ehemaligen Arbeitgeber aber unermüdlich und kräftig vorangetrieben.

Ein Start mit vielen Schulden

Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) starteten 1902 ihre Tätigkeit mit einer enormen Schuldenlast. Der Bund übertrug ihnen nämlich die Schulden von über einer Milliarde Franken für den Aufkauf der Privatbahnen. Rasch nach der erfolgreichen Abstimmung von 1898 begann das Eisenbahndepartement die Verhandlungen über die Verstaatlichung der Hauptbahnen. 1902 wurden die Schweizerischen Bundesbahnen gegründet, welche bis 1909 die fünf wichtigsten Bahngesellschaften und einige Nebenbahnen übernahm. Insgesamt wurden 15 Bahnnetze oder einzelne Strecken verstaatlicht.

Der Bund übernahm aber die Bahnen nicht wie gesetzlich vorgesehen zum Rückkaufswert. Vielmehr kaufte er sie sogenannt freihändig (auf Grund von Vereinbarungen mit den Aktionären) auf. Dies führte dazu, dass bedeutend mehr als vorgesehen bezahlt wurde, nämlich 1.05 Milliarden Franken damaligen Wertes.

Die SBB, welchen die Schuld übertragen worden war, mussten sie aus ihren Einnahmen verzinsen und zurückzahlen. Hinzu kamen bedeutende Investitionen, waren doch abgesehen von der Gotthardbahn die Anlagen der Privatbahnen veraltet. In der Folge schloss die SBB-Rechnung in den meisten Jahren mit einem Fehlbetrag ab.

Hinzu kam, dass die Organisation der jungen Bundesbahnen äusserst kompliziert war. Oberstes Organ war ein 55köpfiger Verwaltungsrat (heute noch 15 Mitglieder). Ihm unterstanden fünf (heute drei) Generaldirektionen.

Die finanzielle Last wurde erst 1944 erleichtert. Durch die Übernahme von 900 Millionen Franken Schulden durch den Bund wurden die SBB vorübergehend finanziell saniert.

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